Irrtum Nr. 1: Wenn das Brötchen voller Körner ist, ist es ein Vollkornbrötchen
Ich bin ehrlich gesagt an diesen Irrtum wieder erinnert worden, als ich auf einer Internet-Foto-Datenbank Fotos für diesen Beitrag gesucht habe und das Wort „Vollkorn“ in die Suchmaschine eingab. Es erschien u.a. dieses Foto:
Und in der Tat erlebe ich es oft, wenn ich woanders frühstücke oder auch auf einer Party bin, dass für die gesundheitsbewussten Gäste wie mich, jede Menge Körnerbrötchen bereit stehen.
Beim genauen Betrachten sieht mein geübtes Auge jedoch sofort, dass die Grundlage dennoch Auszugsmehl ist.
Auch erinnere ich mich an ein Gespräch mit einem Kinderarzt, der meinte, er halte nichts davon, wenn Kleinkinder Vollkornbrot essen, da es schon etliche Unfälle wegen eingeatmeter Körner gegeben hätte.
Körner in allen möglichen Farben und Größen auf und/oder in Brot oder Brötchen mögen für das Auge schön anzusehen sein – gerade für das gesundheitsbewusste Auge -, sagen jedoch nichts darüber aus, ob es sich um ein Vollkornbrot/-brötchen oder eine Backware aus Auszugsmehl handelt.
Genauso verwirrend steht es um den Begriff „Mehrkornbrötchen/Mehrkornbrot“. Diese Bezeichnung sagt allenfalls aus, dass es sich bei der Backware um ein Produkt mit mehreren Getreidesorten handelt.
Ob es sich darum um Vollkorn-Getreide handelt oder die Mehle Auszugsmehle sind, kann man an diesem Begriff nicht erkennen. Aber er wirkt verkaufsfördernd.
Irrtum Nr. 2: Ein Vollkornbrot muss Körner enthalten
Auch der Umkehrschluss stimmt nicht. „Vollkorn“ bedeutet nicht, dass die ganzen Körner enthalten sein müssen, sondern, dass hierfür Mehl verwendet wurde, für welches die ganzen Körner gemahlen wurden und wo hinterher auch nichts abgesiebt oder anderweitig eliminiert wurde. Alle Bestandteile der ganzen Getreidekörner sind in Vollkornmehl drin – nur eben gemahlen.
Selbstverständlich gibt es unterschiedliche Mahlgrade. So gibt es Brote, die z.T. groben Vollkornschrot enthalten. Es gibt auch Brote, die gekeimte Getreidekörner enthalten. Aber es gibt eben auch Brote aus feingemahlenem Vollkornmehl, die sich in ihrer Konsistenz von Auszugsmehlbroten nur wenig unterscheiden.
Somit besteht also auch keine Erstickungsgefahr durch eingeatmete Körner, wenn Kleinkinder Vollkornbrot essen.
Irrtum Nr. 3: Roggen- und Dinkelbrote sind gesünder als Weizenbrote
Ja und nein!
Roggen enthält weniger Gluten als Weizen. Das macht Brote aus Roggen-Auszugmehl für viele Menschen bekömmlicher als Brote aus Weizen-Auszugsmehl. Denn inzwischen haben viele Menschen aufgrund der jahrelangen und generationsübergreifenden Ernährung mit Nahrungsmitteln aus Auszugsmehlen zumindest eine Gluten-Sensitiviät entwickelt, die zu diversen unangenehmen Beschwerden im Verdauungstrakt führt.
Jedoch ist auch Auszugsmehl aus Roggen (auch „Graumehl“ genannt) vitalstoffarm und somit genauso schädlich für den Stoffwechsel wie alle anderen Auszugsmehle auch. Denn auch Roggenmehl besteht aus viel Stärke, die verstoffwechselt werden muss. Fehlen diesen Kohlehydraten die nötigen Enzyme, kann der Kohlehydratstoffwechsel nicht vollständig durchgeführt werden, was auf Dauer zu chronischen Krankheiten jeglicher Art führt.
Auszugs-Dinkel ist für viele Menschen ebenfalls bekömmlicher als Weizen-Auszugsmehl. Dinkel enthält zwar sogar mehr Gluten als Weizen, jedoch handelt es sich hierbei um ein anderes Protein.
Es verhält sich hierbei ähnlich wie bei einer Kuhmilch-Intoleranz. Menschen, die keine Kuhmilch vertragen, vertragen oft Ziegen- oder Schafsmilch.
Ich nehme jedoch an, dass auch das nur eine Frage der Zeit ist, bis hier ebenfalls Unverträglichkeiten durch ein Zuviel auftreten werden. Wenn nicht jetzt, dann in den nachfolgenden Generationen. Denn genauso wenig wie die Natur „leere“ Kohlenhydrate – also Auszugsmehle oder raffinierten Zucker – als Ernährung für uns vorgesehen hat, hat sie auch die Ernährung mit Milchprodukten – egal von welchem Tier die Milch stammt – über das Säuglingsalter hinaus für uns vorgesehen.
Dinkel-Auszugsmehl enthält zwar mehr Mineralstoffe im Mehlkörper als Weizen, ist aber dennoch vergleichsweise vitalstoffarm und es fehlen ihm – genauso wie dem Weizenauszugsmehl – die wichtigen B-Vitamine aus dem Keim, die für die Verstoffwechslung der Stärke bzw. des Mehlkörpers unerlässlich sind.
In den Vollkorn-Varianten stimmt die oben genannte These jedoch!
Roggen enthält auf die Größe und Masse des Korns bezogen mehr Vitalstoffe als Weizen. Mit Dinkel verhält es sich ebenso.
Vollkorn-Dinkel hat gegenüber Vollkorn-Weizen ebenfalls den Vorteil, dass es sich von Düngemittel kaum beeindrucken lässt und sich die Bauern deren Einsatz bei Dinkel folglich sparen. Da es eine Spelzhülle mehr als Weizen hat, ist es unanfälliger für Insekten und Pilze, was auch den Einsatz von Fungiziden und Insektiziden überflüssig macht. Dinkel ist also DAS Bio-Getreide schlechthin und es ist von Vorteil, Vollkorn-Dinkel-Produkte Produkten mit Vollkorn-Weizen so weit es geht vorzuziehen.
Wenn du allerdings die Wahl zwischen einem Brötchen aus Vollkorn-Weizen und einem aus Dinkel-Weißmehl, dann empfehle ich das Weizenbrötchen.
Grundsätzlich sollten die Getreidesorten jedoch abwechslungsreich verwendet werden.
Irrtum Nr. 4: Dunkle Brote sind Vollkornbrote
Richtig ist, dass Gebäck aus Vollkornmehl dunkler aussieht als Gebäck aus Weißmehl. Das liegt an den noch enthaltenen gemahlenen dunkleren Randschichten der Getreidekörner, die bei Auszugsmehl nach dem Mahlen abgesiebt wurden.
Dass viele Verbraucher somit die dunkle Farbe von Backwaren mit „gesund“ assoziieren, nutzen viele Bäcker aus, um ihre Auszugsmehl-Produkte mit färbenden Zusatzstoffen, wie Malzextrakten, Röstmalz, Zuckerrüben- oder Karamellsirup verkaufsfördernder herzustellen.
Übertrieben dunkle Brote (außer Pumpernickel) sind recht häufig mit färbenden Zusätzen versetzt worden.
Wer regelmäßig richtiges Vollkornbrot kauft oder seine Vollkornbrote selbst backt, wird echte Vollkorn-Backwaren bald von gefärbten unterscheiden können. Es gibt allerdings auch Getreidearten, wie zum Beispiel Rotkornweizen, die einen charakteristischen recht dunklen Braunton beim Backen annehmen.
Irrtum Nr. 5: Wo „Vollkorn“ drauf steht, ist auch „Vollkorn“ drin
In meinen Augen handelt es sich hierbei schon um einen kriminellen Akt der profitgierigen Nahrungsmittel-Industrie.
Ein Vollkornbrot darf sich „Vollkorn“ nennen, wenn der Vollkornanteil mindestens bei 90 % liegt – bezogen auf den Getreideanteil!
Das klingt auf den ersten Blick ganz vernünftig, und wenn ein industriell gefertigtes Brot nur aus den üblichen Zutaten Vollkornmehl, Wasser, Hefe (oder Sauerteig oder Backferment) und Salz bestehen würde, wäre alles prima.
Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus! Es gibt jede Menge Zusatzstoffe, die teilweise nicht einmal deklariert werden müssen, mit denen Backwaren, die eine bestimmte Konsistenz verlangen (Toastbrote, Baguettes, Waffeln, Kräcker, Kekse usw.), gefüllt werden.
Labortechnisch hergestellte Malze, Lecithine, Kleber- und Quelleiweiße gehören u.a. dazu und werden in vielen Backwaren in einer nicht zu verachtenden Menge verarbeitet. Damit steigt der Anteil an Substanzen, die verstoffwechselt werden müssen, während gleichzeitig der relative Anteil an Vitalstoffen sinkt.
Die Nebenwirkungen dieser Laborprodukte sind überhaupt nicht abzusehen und werden auch nicht weiter erforscht.
Wie du zu gutem Brot kommst
Es gibt natürlich auch einige Bäcker, die echte Vollkornbrote anbieten.
Jedoch macht das Backen mit Vollkornmehl nur dann Sinn, wenn das Mehl so zeitnah wie möglich vor der Teigzubereitung frisch gemahlen wurde.
Das Korn ist wie eine natürliche Konserve. Seine wertvollen Inhaltsstoffe bleiben solange geschützt, wie das Korn unbeschädigt ist.
Wird das Korn beschädigt bzw. gemahlen, setzt sofort eine Reaktion mit Sauerstoff und Licht ein, wobei sich ein Großteil der Enzyme und Vitamine – im wahrsten Sinne des Wortes – schon mal verflüchtigt. Nach 4-5 Stunden Lagerzeit ist auch das frisch gemahlene Vollkornmehl ziemlich wertlos.
Die sicherste Variante, zu gutem Brot (oder auch Kuchen) zu kommen, ist somit das Selbermachen. Eine Getreidemühle gehört meiner Meinung nach in jeden Haushalt! Wer keine hat und sich auch keine anschaffen will, kann sich das Mehl in den meisten kleinen Bio-Läden frisch mahlen lassen. Dann solltest du jedoch den schnellsten Weg nach Hause einlegen und sofort mit der Verarbeitung des Mehls beginnen.
Hier geht’s zu einem schnellen Brotrezept (klick) ->>
Hier gibt es ein Rezept für ein echtes und synthetikfreies Vollkorn-Toast (klick) ->>
Keine Zeit zum Backen?
Dann solltest du dich in guten Bio-Läden oder Bio-Bäckereien durchfragen. Bio-Bäckereien verzichten meistens auf laborgefertigte Zusatzstoffe. Die Chance, ein traditionell gebackenes Brot zu bekommen, ist hier am größten! Aber dennoch heißt es, der Bedienung Löcher in den Bauch zu fragen. Die Zutaten müsstest du zumindest irgendwo einsehen können. Rufe ggf. bei der Backstube oder Bäckerei selbst an und frage, ob sie eine eigene Getreidemühle benutzen und ob außer der deklarierten Zutaten, noch weitere Zutaten drin sind. Wenn du eine Zutat nicht kennst, frage kritisch nach, was sich dahinter verbirgt!
Das klingt zwar zunächst aufwändig und umständlich, aber du wirst auf diese Weise deine Lieblingsvollkornbrote bald kennen und wissen, woher du sie beziehen kannst.
Deine Gesundheit wird es dir danken!
Fazit
Dass Vollkornprodukte gesund sind, lernt jedes Kind sehr frühzeitig! Leider lernt aber kaum jemand, was ein richtiges Vollkornprodukt ist.
Hier sind viele Irrtümer im Umlauf und ich hoffe, mit diesem Beitrag ein kleines bisschen zur Aufklärung dieser beigetragen zu haben.
Vor den Irreführungen der Verbraucher kannst du dich nur schützen, wenn du deine Getreideprodukte selbst herstellst oder kritisch nachfragst und dich gründlich informierst.
Sollte dieser Beitrag Fragen bei dir hinterlassen haben, schicke mir einfach eine Nachricht.
Danke für’s Lesen!